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Öko-Serie – Indigene Initiativen für das Klima 2: Eine Fallstudie zum Klimaschutz - Thaidene Nëné

Autorin: Sophia Arnold, 19. Juni 2024, Aktualisiert: 20. Juni 2024, Übersetzung: Barbara Stulz & Anita Weilenmann


Incomindios UK veröffentlicht seit 2024 Artikel über verschiedene lösungsorientierte Klimaschutzorganisationen und hebt die unglaubliche Arbeit hervor, die diese im Kampf gegen unsere dringende globale Klimakrise leisten. Die Incomindios UK "Eco-Series" konzentriert sich auf Organisationen und Initiativen, die sich für Menschenrechte und Umweltgerechtigkeit einsetzen, und beleuchtet erfolgreiche naturbasierte, indigene Wissenslösungen zur Wiederherstellung und Schonung unseres Planeten.


Thaidene Nëné


Vor 11,700 Jahren streifte die Alte Dame durch den heutigen Nordwesten Kanadas. Sie war hungrig und bat die Leute von Łutsël K'é, die gerade einen riesigen Biber erlegt hatten, um Essen. Sie wurde jedoch abgewiesen, weil es nicht genug zu teilen gab. Also stand sie dort und sprach mit dem Schöpfer. Ihr Körper begann von den Felsen absorbiert zu werden. Die Alte Dame hatte sich dem Schöpfer freiwillig ergeben, um dort für die Ewigkeit zu bleiben, "den Menschen bei der Heilung zu helfen und für einen Überfluss an Nahrung und Wasser zu sorgen, im Austausch dafür, dass sie ihre heilige Wohnstätte nicht störten" (Thaidene Nëné: Das Land der Ahnen | Canadian Geographic).


Dies ist die Geschichte der Alten Dame oder Grossmutter/Oma/Tsankui Theda, von der man glaubt, dass sie in einem Wasserfall entlang des Lockhart River, oder Deshun Bedézé (Omas Fluss), lebt. Sie ist eine zentrale Figur für die Łutsël K'é Dene, die glauben, dass "ihre Gewässer ein Zufluchtsort sein werden, wenn die Erde den Höhepunkt der ökologischen Zerstörung erreicht" (Thaidene Nëné: Das Land der Ahnen | Canadian Geographic). Die Alte Dame war eine treibende Kraft für den von Indigenen geführten Naturschutz in der Region, da ihre Geschichte das erste von drei Dene-Gesetzen bildet, den Grundlagen von Thaidene Nëné (Thaidene Nëné: Das Land der Ahnen | Canadian Geographic).


Im Jahr 2019 wurde Thaidene Nëné, ein 26’376 Quadratkilometer grosses, indigenes Schutzgebiet am Übergang zwischen borealem Wald und Tundra geschaffen. Dies geschah unter Anwendung der Dene-Gesetze der Alten Dame, unter der Führung älterer Gemeinschaftsmitglieder des Projekts und mit der Unterstützung der Łutsël K’é Dene First Nation (Thaidene Nëné – Land der Ahnen). Thaidene Nëné, was auf Dënesųłıné "Land der Ahnen" bedeutet, ist das traditionelle Territorium der Łutsël K'é Dene First Nation. Das Gebiet beherbergt einige der saubersten Süsswassersorte der Welt und eine Vielzahl von Wildtieren, darunter "einige der letzten Herden von barren-ground Karibus" (Equator Initiative UNDP). Darüber hinaus ist es eine beträchtliche Kohlenstoffsenke.


Es ist daher nicht verwunderlich, dass Parks Canada, die offizielle Verwaltung der kanadischen Nationalparks und Naturschutzgebiete, dieses Gebiet erhalten möchte. In der Geschichte des Naturschutzes in Kanada haben Nationalparks jedoch indigene Völker ausgeschlossen und in vielen Fällen gewaltsam vertrieben. Forschungen von Thedore Binnema und Melanie Niemi haben gezeigt, dass "während ihrer Entstehung im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert die Aborigines aus den meisten kanadischen Nationalparks entfernt wurden" (Theodore (Ted) Binnema und Melanie Niemi 2006, S.725). Die Autor*innen verwenden die Fallstudie des Banff-Nationalparks, um zu zeigen, dass indigene Völker von Nationalparks ausgeschlossen wurden – selbst als Touristenstädte geschaffen wurden, um Besucher anzulocken. Dies wirkte sich auf die Lebensgrundlagen der Vorfahren der Ktunaxa, Stoney und Niitsitapiksi sowie einiger Cree-Gruppen aus (Theodore (Ted) Binnema und Melanie Niemi 2006, S.725). Diese Geschichte setzte sich bis weit ins 20. Jahrhundert fort und führte direkt dazu, dass die Łutsël K'é Dene First Nation zweimal, einmal in 1970 und dann noch einmal in 1982, die Gründung eines Nationalparks auf ihrem Land ablehnten, da sie wussten, dass sie von ihrem Land vertrieben werden würden (Äquator-Initiative UNDP).


Nach reiflicher Überlegung begannen im Jahr 2000 dennoch Gespräche mit Parks Canada darüber, wie das Gebiet am besten vor der Bergbau- und Energieindustrie geschützt werden kann. Diese zeigte Interesse an einer Erschliessung, nachdem in der Umgebung Diamantenminen eröffnet worden waren, Uranerkundungen stattgefunden hatten und ein Wasserkraftwerk am heiligen Lockhart River vorgeschlagen wurde (Equator Initiative UNDP). Es war die Fürsprache der Ältesten, die zur Bildung eines Beratungskomitees, eines Führungsteams und eines Verhandlungsteams des Thaidene Nëné führte, die 2004 das Dene-Gesetz nutzten, um ihr Land selbst als indigenes Schutzgebiet zu ernennen. Dies führte 2008 zu einem Programm, um "über das Land zu wachen", und 2015 zu einem "strategischen Finanzierungsplan für den Naturschutz zur Schaffung eines Stiftungsfonds, der den von der Gemeinschaft verwalteten Naturschutz auf Dauer finanzieren würde" (Equator Initiative UNDP). Im Jahr 2019 wurde mit der historischen Gründung von Thaidene Nëné durch Vereinbarungen zwischen den Łutsël K'é, der Regierung der Nordwest-Territorien (GNWT) und der Regierung Kanadas ein "mächtiger Präzedenzfall für eine neue Beziehung zwischen der Krone und den indigenen Regierungen" geschaffen (Equator Initiative UNDP). Die Co-Governance-Struktur baut auf den Beziehungen zwischen der Łutsël K'é Dene First Nation, der nationalen Regierung und der GNWT auf. Heute trifft ein gemeinsames Gremium namens Thaidene Nëné Xá Dá Yáłtı Entscheidungen über das Schutzgebiet (Thaidene Nëné – Land der Ahnen). Dies ist eine bahnbrechende Leistung für die Umweltgerechtigkeit in der kanadischen Geschichte und ein großer Gewinn für die Erhaltung von Land, Kultur und Gemeinschaft.


Quelle: Pat Kane - Land der Ahnen
Quelle: Pat Kane - Land der Ahnen

Der Łutsël K'é Dene-Strategieplan 2020-2025 beschreibt die vielfältigen Wege, auf denen die Gemeinschaft das Land verwaltet; von der Aufrechterhaltung der ökologischen Integrität durch die Erhaltung von Land und Gewässern in "unberührtem Zustand, mit gesunden und reichhaltigen Fischen und Wildtieren" und nachhaltigen Jagdpraktiken über die "Zusammenarbeit mit anderen zur Verlangsamung des Klimawandels" bis hin zur Wiederbelebung der vom Aussterben bedrohten kanadischen Karibuherden und der Erforschung des Umgangs mit kontaminierten Standorten in der Region (Thaidene Nëné – Land der Vorfahren). All diese Initiativen sind notwendig, um den Klimawandel zu bekämpfen und den Kohlenstoffgehalt in der Atmosphäre zu reduzieren. Erstens durch reduzierte Emissionen, in diesem Fall durch die Schaffung eines Schutzgebiets gegen Bergbau- und Durchgangspipelines, und zweitens durch den Schutz der Tundra und des borealen Waldes, der "die grössten landgestützten Lösungen zur Reaktion auf den Klimawandel und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt auf dem Planeten" darstellt (Boreal Conservation 2023).


Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat die Landzerstörung durch Öl- und Gasinfrastruktur, Bergbau, Ölverschmutzungen, Atommüll, Wasserkraft und vieles mehr dazu geführt, dass indigene Gemeinschaften in ganz Kanada unwiderruflich betroffen sind. Auch die Dezimierung wichtiger ökologischer Systeme und Kohlenstoffsenken, die für Kanadas Verpflichtungen zu Netto-Null und Emissionsreduzierung von entscheidender Bedeutung sind, sind betroffen (Government of Canada, Climate Change). Die Miteinbeziehung von indigenem Wissen für eine nachhaltige Arbeit mit dem Land in Kanada ist unerlässlich. Das zeigt sich in der Gründung des Tsá Tué Biosphärenreservats durch Sahtuto'ine Dene of Déline im Jahr 2016, die weltweit erste UNESCO-Stätte, die von einer indigenen Gemeinschaft verwaltet wird, sowie durch die Yukon First Nations Wildfire Organisation und indigene Wächterprogramme wie die Innu Nation in Labrador und der Prince Albert Grand Council in Saskatchewan (Boreal Conservation 2023). Durch indigene Verwaltung, Wissen und vor allem Souveränität können wir entscheidende Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel sehen.


Weitere Informationen und Ressourcen zu Thaidene Nëné finden Sie unter:


Bibliographie:

Boreal Conservation. 2023. '5 Breakthroughs in Conserving the World’s Largest Forest in 2023'. Available from: https://www.borealconservation.org/stories-1/2023borealbreakthroughs


Government of Canada. 2024. 'Canada's Climate Change Plans and Targets'. Climate Change: Our Plan. Available from:https://www.canada.ca/en/services/environment/weather/climatechange/climate-plan/climate-plan-overview.html


Steven Nitah & Jessica Dunkin & Justine Townsend & Andrew Paul. 2024. 'Thaidene Nëné – Land of the Ancestors'. IPCA. Available from: https://ipcaknowledgebasket.ca/ipca-knowledge-basket/stories/thaidene-nene-land-of-the-ancestors


Thaidene Nëné Land of Ancestors. 2023. 'Thaidene Nëné Press Packet. Available from: https://www.landoftheancestors.ca/uploads/1/3/0/0/130087934/2023_press_packet_digital_version_compressed.pdf


Theodore (Ted) Binnema and Melanie Niemi. 2006. 'Let the Line Be Drawn Now': Wilderness, Conservation, and the Exclusion of Aboriginal People from Banff National Park in Canada. Environmental History, 11 (4), pp. 725

UNDP. 2022. 'Equator Initiatives Case Studies'. Equator Initiatives. Available from: https://www.equatorinitiative.org/wp-content/uploads/2017/05/LKDFN-Case-Study-English-FNL_1.pdf


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